In diesem Artikel sollen potentielle strafrechtliche Konsequenzen des Filesharing in sogenannten Peer-2-Peer Netzwerken bzw. Tauschbörsen in Kürze dargestellt werden.
Anlass hierzu gibt die kürzliche Entscheidung des AG Mainz, Urteil vom 24.9.2009 - 2050 Js 16878/07.408ECs in dem die Inhaberin eines Internetanschlusses freigesprochen wurde, da ihr die Täterschaft nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte.
Hieraus ergeben sich auch Konsequenzen für die prozessuale Durschsetzung des Vorwurfes und Verteidigungsmöglichkeiten durch den Beschuldigten / Angeklagten.
Rechtsgrundlage
UrhG 106 Abs. 1, 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG i.V.m. 19a, 15 Abs. 2 Nr. 2, 77, 78 Abs. 1 Nr. 1, 85
Für Werke im Sinne des Urheberrecht gilt als strafrechtliche Norm:
§ 106 UrhG - Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke
(1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
außerdem für die verwandten Schutzrechte, die vor allem für die Musikindustrie von Bedeutung sind:
§ 108 UrhG - Unerlaubte Eingriffe in verwandte Schutzrechte
(1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten
- eine wissenschaftliche Ausgabe (§ 70) oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung einer solchen Ausgabe vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt,
- ein nachgelassenes Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines solchen Werkes entgegen § 71 verwertet,
- ein Lichtbild (§ 72) oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Lichtbildes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt,
- die Darbietung eines ausübenden Künstlers entgegen den § 77 Abs. 1 oder Abs. 2 Satz 1, § 78 Abs. 1 verwertet,
- einen Tonträger entgegen § 85 verwertet,
- eine Funksendung entgegen § 87 verwertet,
- einen Bildträger oder Bild- und Tonträger entgegen §§ 94 oder 95 in Verbindung mit § 94 verwertet,
- eine Datenbank entgegen § 87b Abs. 1 verwertet,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Die Problematik ergibt sich demnacht aus der unzulässigen Verwertung. Diese wird beim Filesharing über die P2P in Form der öffenlichen Zugänglichmachung betrieben.
§ 19a UrhG - Recht der öffentlichen Zugänglichmachung
Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
Viele Anwender und Nutzer geben vollkommen unbewußt bestimmte Ordner für die P2P Software frei. Alle hierin befindlichen Dateien werden zum Download angeboten.
Aber auch wenn keine Freigaben von fertigen Dateien existieren, so ist es doch problematisch, dass bereits geladene Teile von unfertigen Downloads anderen Nutzern zur Verfügung gestellt werden.
Die meisten Programme versuchen das sogenannte "Leechen" zu verhindern. Dieses ist ein reiner Download von Dateien, also nur das Runterladen, ohne selbst Daten zur Verfügung zu stellen und zu uploaden ("seeden"). Die einige Server bzw. Seeds (bereitstellende Nutzer) lassen nur Nutzer mit einer bestimmten Quote zwischen runterladen und selbst bereitstellen zu. Daher sind die Clients häufig so konfiguriert, dass der Nutzer auch selbst einen Upload und damit die öffentliche Zugänglichmachung seiner Daten von unfertigen Dateien bzw. fertige, welche sich im freigegebenen Tauschordner befinden, durchführt. Soweit der Filesharing Client so konfiguriert werden kann, dass kein Upload stattfindet, so macht der Nutzer auch keine Daten zugänglich.
Außerdem ist das Erstellen einer Kopie unzulässig, sowie das Senderecht dem Urheber vorbehalten:
§ 15 UrhG - Allgemeines
(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
das Verbreitungsrecht (§ 17),
das Ausstellungsrecht (§ 18).
(2) 1Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). 2Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
das Senderecht (§ 20),
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).
(3) 1Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. 2Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.
Rechte des ausübenden Künstlers
Der ausübende Küstler hat das ausschliessliche Recht des Vervielfältigung seiner Aufnahmen:
§ 77 UrhG - Aufnahme, Vervielfältigung und Verbreitung
(1) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, seine Darbietung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen.
(2) 1Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, den Bild- oder Tonträger, auf den seine Darbietung aufgenommen worden ist, zu vervielfältigen und zu verbreiten. 2§ 27 ist entsprechend anzuwenden.
und der öffentlichen Wiedergabe:
§ 78 UrhG - Öffentliche Wiedergabe
(1) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, seine Darbietung
- öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a),
- zu senden, es sei denn, dass die Darbietung erlaubterweise auf Bild- oder Tonträger aufgenommen worden ist, die erschienen oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemacht worden sind,außerhalb des Raumes, in dem sie stattfindet, durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen.
(2) Dem ausübenden Künstler ist eine angemessene Vergütung zu zahlen, wenn
die Darbietung nach Absatz 1 Nr. 2 erlaubterweise gesendet,
die Darbietung mittels Bild- oder Tonträger öffentlich wahrnehmbar gemacht oder
die Sendung oder die auf öffentlicher Zugänglichmachung beruhende Wiedergabe der Darbietung öffentlich wahrnehmbar gemacht wird.
(3) 1Auf Vergütungsansprüche nach Absatz 2 kann der ausübende Künstler im Voraus nicht verzichten. 2Sie können im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden.
(4) § 20b gilt entsprechend.
Rechte des Tonträgerherstellers (i.d.R. Plattenfirma):
Darüberhinaus hat die Plattenfirma eigene Verwertungsrechte
§ 85 UrhG Verwertungsrechte
(1) 1Der Hersteller eines Tonträgers hat das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten oder erlaubterweise öffentlich zugänglich zu machen. 2Ist der Tonträger in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller. 3Das Recht entsteht nicht durch Vervielfältigung eines Tonträgers.
(2) 1Das Recht ist übertragbar. 2Der Tonträgerhersteller kann einem anderen das Recht einräumen, den Tonträger auf einzelne oder alle der ihm vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen. 3§ 31 und die §§ 33 und 38 gelten entsprechend.
(3) 1Das Recht erlischt 50 Jahre nach dem Erscheinen des Tonträgers. 2Ist der Tonträger innerhalb von 50 Jahren nach der Herstellung nicht erschienen, aber erlaubterweise zur öffentlichen Wiedergabe benutzt worden, so erlischt das Recht 50 Jahre nach dieser. 3Ist der Tonträger innerhalb dieser Frist nicht erschienen oder erlaubterweise zur öffentlichen Wiedergabe benutzt worden, so erlischt das Recht 50 Jahre nach der Herstellung des Tonträgers. 4Die Frist ist nach § 69 zu berechnen.
(4) § 10 Abs. 1 und § 27 Abs. 2 und 3 sowie die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 gelten entsprechend.
Herunterladen / Reiner Download
Aber auch das reine Herunterladen ist durchaus nicht mehr unproblematisch. Während früher im Bereich der Privatkopie nur das Vervielfältigen von offensichtlich rechtswidrig hergestellten Angeboten verboten war, so umfasst dies nun auch Dateien, die offensichtlich rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht worden sind{endnote}Dreier/Schulze, UrhG, §106, Rn. 106{/endnote}.
Die Strafbarkeit ergibt sich aus dem Urhebergesetz (UrhG). Im "Unterabschnitt 2. Straf- und Bußgeldvorschriften" ist in den §§ 106-111a UrhG die strafrechtliche Relevanz von Verletzungen des Urheberrechts festgehalten.
Prozessuales
Es muss der Nachweis geführt werden können, dass der Anschlussinhaber bzw. der Beschuldigte der einzige in Frage kommende Nutzer des festgestellten Anschlusses zum Zeitpunkt der fraglichen Rechtsverletzung war.
Kommen auch andere Personen als Nutzer des Anschlusses zu diesem Zeitpunkt in Frage, ist der Anschlussinhaber nicht strafbar.
Eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit bleibt hiervon jedoch unberührt und ist trotzdem möglich
Aktuelle Entscheidung des AG Mainz
In der aktuellen Entscheidung des AG Mainz wurde die Anschlussinhaberin freigesprochen, da nicht festgestellt werden konnte, dass die Rechtsverletzungen durch sie begangen wurden.
AG Mainz, Urteil vom 24.9.2009 - 2050 Js 16878/07.408ECs (rechtskräftig)
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